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Beim Thermofenster handelt es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung, die Hersteller wie VW, Mercedes, BMW, Opel oder Fiat in ihren Diesel Fahrzeugen verwenden.
Seit 2023 kommt es vermehrt zu Pflicht-Rückrufen durch das Kraftfahrt-Bundesamt. Hunderttausende Fahrzeuge von VW, Audi, Mercedes und anderen Herstellern müssen in die Werkstatt, um ein Software-Update zu erhalten. Dabei soll ein unzulässiges Thermofenster entfernt werden - mit unklaren Folgen.
Im Dezember 2023 muss Mercedes eine untere sechsstellige Zahl an Fahrzeugen zurückrufen, also mindestens 100.000. Ein Rückruf-Code ist bisher nicht bekannt, auch um welche Modelle es genau geht wurde bisher nicht veröffentlicht. Lediglich, dass es um Euro 5 und Euro 6b Fahrzeuge geht, der E350 betroffen ist und dass der Rückruf aufgrund eines unzulässigen Thermofensters erfolgt, ist bekannt.
Im Herbst 2024 veröffentlichte das KBA unter den Codes 23M3, 23M4, 23M5, 23M7 und 23N3 einen umfassenden Rückruf für rund 340.000 Fahrzeuge. Betroffen sind die Modelle Crafter, Transporter (T5), Amarok, Polo und Touareg. Dabei geht es um Fahrzeuge aus den Baujahren 2009 bis 2015. Hintergrund ist auch hier ein unzulässiges Thermofenster.
Im Herbst 2024 muss auch Audi eine große Anzahl von Fahrzeugen aufgrund eines unzulässigen Thermofensters zurückrufen. Rund 150.000 Fahrzeuge sind von den beiden RÜckrufen mit den Codes 23LZ und 23DW betroffen. Dabei geht es um die Modelle A4, A5, A6, A7, A8, Q5 und Q7.
Das sogenannte Thermofenster beschreibt einen Temperaturbereich, in dem die Abgasreinigung optimal funktioniert. Bewegt sich die Temperatur (womit die Außentemperatur der Luft gemeint ist) außerhalb dieses Bereichs, wird die Abgasreinigung zurückgefahren oder funktioniert sogar überhaupt nicht mehr. Problematisch ist dabei der umfassende Rahmen des Thermofensters. Je nach Hersteller und Modell liegt der Bereich, in dem die Abgasreinigung optimal funktioniert bei etwa 15 bis 30 Grad Celsius. Nun werden in Deutschland diese 15 Grad nur recht selten erreicht. Einen Großteil des Jahres fahren die Autos mit unzulässig ausgestaltetem Thermofenster daher ohne oder nur mit reduzierter Abgasreinigung. Dies erklärt auch, warum bei Tests besonders im Winter sehr hohe Stickoxidemissionen gemessen werden. Auf dem Prüfstand werden die Autos bei 23 Grad Celsius getestet - also im optimalen Rahmen. Hier sind die Autos deshalb sauber.
Die Hersteller verteidigen sich mit der Argumentation, die aktuelle Ausgestaltung ihres jeweiligen Thermofensters sei notwendig, um den Motor zu schützen. Würde das Thermofenster ausgeweitet werden, drohen also Motorschäden und eine erhöhte Brandgefahr. Nun hat das KBA aber angeordnet, dass das Thermofenster in hunderttausenden Fahrzeugen angepasst werden muss, damit diese nicht ihre Zulassung verlieren. Wie die Fahrzeuge in Zukunft vor Motorschäden und anderen negativen Folgen geschützt werden sollen, dazu sagen die Hersteller jedoch nichts und Autofahrer stehen vor der schwierigen Entscheidung, einen Motorschaden oder Brand auf der einen oder eine Stilllegung auf der anderen Seite in Kauf nehmen zu müssen.
Wird ein Fahrzeug aufgrund eines unzulässigen Thermofensters in die Werkstatt gebracht, erhält es als Abhilfemaßnahme ein Software-Update. Die Abgasrückführungsraten werden erhöht, damit die Fahrzeuge weniger Stickoxid ausstoßen. Dies hat aber eine verstärkte Rußbildung zur Folge, die wiederum zu Schäden führen kann.
Das AGR-System verkokt, Rußpartikel lagern sich in der Ansaugbrücke ab, der Dieselpartikelfilter verstopft und muss häufiger regenerieren, Rußablagerungen können sich an den Turbinenrädern absetzen, Ruß kann sich im Motoröl anreichern, der Motor wird durch die heißeren Verbrennungsgase stärker belastet und arbeitet ineffizient.
Die Hersteller weisen selbst darauf hin, dass es durch eine Anpassung des Thermofensters zu Motorschäden oder einer erhöhten Brandgefahr kommen kann.
Der Europäische Gerichtshof machte den Anfang, der Bundesgerichtshof passte seine Rechtsprechung schließlich an und auch das VG Schleswig hat mit seinen Urteilen zur Unzulässigkeit von Software-Updates mit Thermofenster die Rechte von Verbrauchern gestärkt.
Am 21.03.2023 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Dieselfahrer bereits dann Schadensersatz bekommen können, wenn der Hersteller nur fahrlässig eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut hat - darunter fällt auch das Thermofenster (C-100/21). Es ist demnach nicht mehr nötig, eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch den Hersteller nachzuweisen. Der EuGH hat somit die Rechte von Autofahrern gestärkt.
Mit drei Urteilen vom 26.06.2023 zu Diesel Fahrzeugen von VW, Mercedes und Audi bestätigte der Bundesgerichtshof endlich, dass bereits bei einer fahrlässig eingebauten Abschalteinrichtung, wie zum Beispiel dem Thermofenster ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen kann (VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22). Der BGH hat seine Rechtsprechung damit an die des Europäischen Gerichtshofs angepasst.
Das Verwaltungsgericht Schleswig gab der Deutschen Umwelthilfe im Februar 2023 Recht, wonach das Software-Update für den VW Golf mit Motor EA189 rechtswidrig ist. Grund hierfür ist das Thermofenster, bei dem es sich laut Gericht, entgegen der Freigabe des KBA, um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Im Januar 2024 bestätigte das VG Schleswig diese Einschätzung für über 20 weitere Modelle des VW-Konzerns.
Das BGH-Urteil aus dem Sommer 2023 zeigt schnell Wirkung. Immer mehr Gerichte, vor allem auch Oberlandesgerichte, beziehen sich nun auf diese Entscheidung und sprechen den Klägern den sogenannten Differenzschaden zu. Das heißt, sie bekommen zwischen 5% und 15% des Kaufpreises erstattet. In vielen Fällen geht es bei der ursächlichen unzulässigen Abschalteinrichtung um das Thermofenster. Im Folgenden nur einige der Thermofenster-Urteile, die HAHN Rechtsanwälte im Nachgang des BGH-Urteils erreichen konnte:
Verurteilung zu Differenzschaden wegen Thermofenster
Verurteilung zu Differenzschaden wegen Thermofenster
Verurteilung zu Differenzschaden wegen Thermofenster und Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung
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